Das was mir heute auf der Seele liegt ist etwas, über das man eigentlich mit niemandem spricht. Es geht darum die Nerven zu verlieren. Dabei ist es an dieser Stelle mal egal wer hier wann die Nerven verloren hat, es geht darum, dass es irgendwie immer wieder mal geschieht. Mal mir, mal meinem Mann, mal mehr, mal weniger intensiv. Heute Abend ist es auch hier mal wieder passiert. In der Zeit, in der sich diese Ereignisse häufen - nach dem Essen, vor dem Hoch gehen zum bettfertig machen. Wenn man rückblickend darüber nachdenkt, ist es eigentlich total lächerlich.
Es ging um Luftballons, die wir heute im Schuhhaus bekommen haben. Der gehörte dem kleinen Bruder und der Große wollte ihn unbedingt kaputt machen. Das wollten mein Mann aber nicht, weil, wie gesagt, war ja nicht seiner. "Ich will den Luftballon! Ich will den kaputt machen!" - "Du kannst den nicht haben, der gehört ..., den hat doch heute bekommen. Du hast deinen ja schon kaputt gemacht, weil du das wolltest, aber der hier ist nicht deiner" - "Ich will den aber haben!!! Ich will den aber kaputt machen!!" - "Das geht aber nicht...." Und so weiter. Ihr kennt das. So ging das noch eine Weile hin und her und sie schaukelten sich gegenseitig hoch. Der Tonwurde immer lauter. Weil er in keinster Weise davon zu überzeugen war, dass er diesen Luftballon eben nicht kaputt machen darf, platzierte mein Mann ihn außerhalb seiner Reichweite, weil er ihn andernfalls natürlich eben einfach zerquetscht hätte. Das war für das Igelchen natürlich das rote Tuch und er tobte los, wie es wohl nur Kleinkinder können. In seiner Rage zog er am Ladekabel des Handys und das Handy knallte auf den Boden. Vom Rand splitterte etwas Farbe ab, worauf hin mein Mann los brüllte.
Ich war mit dem Kleinen schon oben und bekam mit, dass die Situation sich zuspitzte. Also ging ich runter und versuchte auch nochmal mein Glück. "Was ist denn los?" - "Ich will den Luftballon kaputt machen!!" - "Aber das ist doch nicht deiner, du hast doch deinen schon kaputt gemacht. Du kannst ihn ja mit hoch nehmen, dann könnt ihr oben zusammen damit spielen?" - "Nein!! Aber... Ich will den aber zum Spielen haben!". "Ja gut, zum Spielen darfst du den ja haben, du sollst ihn nur nicht kaputt machen.". Da ich grundsätzlich versuche an das Gute in meinen Kindern zu glauben, gab ich ihm den Luftballon in der Hoffnung, dass er meinem Vorschlag folgen und ihn mit nach oben nehmen würde. Stattdessen nahm er den Luftballon und drückte ihn sofort so fest in seinem Arm, dass er zerplatzte.
Mit dem Zerplatzen des Luftballons, riss meinem Mann endgültig der Geduldsfaden. Er nahm den Großen am Arm, zog ihn zur Treppe, nahm ihn hoch und trug ihn ohne ein weiteres Wort nach oben. Der heulte natürlich und wollte wieder runter. Ich nahm ihn auf den Arm und ging mit ihm ins Schlafzimmer, wo wir uns aufs Bett setzten. In diesen Situationen wundere ich mich oft, wie ruhig ich plötzlich wieder bin - insbesondere wenn mein Mann außer sich ist, bin ich die Ruhe selbst. Umgekehrt ist es oft auch so, dass mein Mann ruhig bleibt, wenn ich völlig ausflippe.
Ich erklärte ihm also, dass wir wütend sind, weil er den Luftballon seines Bruders kaputt gemacht hat und dass wir es nicht in Ordnung finden, dass er das Handy runter gezogen hat und das Papa ihn deswegen angeschrien hat. Ich erklärte ihm ganz ruhig, dass der kleine Bruder doch den Luftballon erst heute bekommen hat und sich so darüber gefreut hat. Dass er ihn doch ganz stolz vom Auto ins Haus getragen und ihn dort abgelegt hat, um damit später spielen zu können. Als ich das sagte, hörte er auf zu Weinen und man sah wie ihm dämmerte, was er getan hatte. "Ich mach den jetzt nicht mehr kaputt." - "Schatz, du hast ihn doch eben schon kaputt gemacht." - "Aber das nächste mal, wenn wieder Schuhe kaputt sind und wir wieder neue kaufen gehen und wir wieder Luftballons bekommen, dann mach ich den nicht mehr kaputt". "Hm ja, in Ordnung. Und Schatz, wenn du möchtest, kannst du dich auch bei deinem Bruder entschuldigen, dass du seinen Luftballon kaputt gemacht. Und du kannst dich wenn du willst auch bei Papa entschuldigen, dass du sein Handy kaputt gemacht hast.". Darauf hat er mir nicht wirklich geantwortet, aber etwas später, beim Gute Nacht sagen, hat er seinen Bruder ganz fest in den Arm genommen und "Entschuldigung. Tut mir leid!" gesagt und danach hat er auch den Papa umarmt und sich ebenfalls entschuldigt, genau wie Papa übrigens.
Was mir nach diesen Ereignissen auf der Seele liegt ist das Gefühl, dass wir doch eigentlich die jenigen sein müssten, die ruhig bleiben und eben nicht ausflippen und rum schreien. Es fühlt sich im nachhinein so falsch an und trotzdem passiert es immer wieder. Ja ich weiß, wir sind alle nur Menschen, mit guten und schlechten Tagen, mal mit viel und mal mit weniger Nerven. Trotzdem finde ich es furchtbar, wenn es passiert und ich fühle mich schlecht, obwohl auch ich meinen Kindern danach sage, dass es mir leid tut und sie nichts dafür können. Da ist es wieder: Das allgegenwärtige, schlechte Gewissen!
Mir war die Entschuldigung des Igelchens übrigens nicht so wichtig, ich finde es aber natürlich trotzdem schön, dass er sie ausgesprochen hat. Wichtiger ist mir persönlich, dass ich ihn nochmal ganz fest umarmt und hab und ihm gesagt hab "Du, ich hab dich ganz doll lieb, auch wenn wir uns mal streiten und wütend aufeinander sind!". Denn irgendwo gehört Streit ja auch zu einer Beziehung. Ich bin fest davon überzeugt, dass es genau darum geht - meine Jungs sollen immer wissen, dass ich sie liebe, auch wenn mal nicht alles eitel Sonnenschein ist.
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